In Hamburg befindet sich seit 1880 ein Theologisches Seminar, in dem in einem fünfjährigen Studium die Pastoren des Bundes ausgebildet werden; für Universitätsabsolventen ist ein einjähriges Kandidatenjahr in Hamburg obligatorisch. Manche führen die Tatsache, daß es im deutschen Baptismus trotz einiger, auch theologischer Krisen nie zu einer Spaltung gekommen ist, unter anderem darauf zurück, daß so gut wie alle Pastoren dieselbe bundeseigene Ausbildungsstätte besucht haben. Das Hamburger Seminar wurde auch vielfach von den Nachbarunionen genutzt – so kamen bis 1945 25% aller Studenten aus Ost- und Südosteuropa. 1997 wurde das Seminar in das neugeschaffene Bildungszentrum Elstal (bei Berlin) verlegt. Auf dem dortigen Campus werden in einem „Seminar für Gemeindearbeit“ samt angeschlossenem „Institut für Seelsorge und Psychologie“ Mitarbeiter geschult. Seit 1949 besteht überdies ein Jugendseminar zur Schulung junger Leute für die in einem Gemeindejugendwerk bundesweit durchorganisierte Kinder-, Jungschar- und Jugendarbeit der Gemeinden. Einen einjährigen Kurs bietet die Bibelschule des Bundes an, die wie das Jugendseminar nun Bestandteil des Bildungszentrums ist. Daneben wird auch von vielen Baptisten die ältere Bibelschule der Brüdergemeinden in Wiedenest besucht.
Auch die Frauenarbeit hat eine eigene bundesweite Organisation, das „Bundesfrauenwerk“. Ebenso gibt es erste Ansätze einer überörtlichen Männer- und einer vom Bund getragenen Seniorenarbeit.
Seit der zweiten Generation bestehen mehrere Diakonissenanstalten, aus denen bedeutende Diakoniewerke hervorgegangen sind. Das älteste ist das von Eduard Scheve (1836–1909) gegründete Diakoniewerk „Bethel“ Berlin. Insgesamt unterhalten die deutschen Baptisten 10 Krankenhäuser sowie zahlreiche Altenzentren, Pflegeheime, Sozialstationen, Freizeitzentren, Kindergärten und weitere sozialdiakonische Einrichtungen.
Die gemeindemissionarischen Aktivitäten werden bundesweit von der Heimatmission koordiniert, die über verschiedene Arbeitszweige verfügt (Gemeindeaufbau; Zeltmission; Neulandmission; Gemeindebibelschul- und Hauskreisarbeit; Singlesarbeit; Ausländerarbeit usw.). Die Heimatmission hat ihren Sitz in Bundesmissionshaus in Bad Homburg, der Geschäftsstelle des Bundes insgesamt. Für die weltmissionarischen Aktivitäten nicht nur der deutschen Baptisten ist die 1954 gegeründete, seit 1998 in Elstal ansässige Europäische Baptistische Mission (EBM/MASA) verantwortlich, in der die Bünde der Schweiz, Frankreichs, Deutschlands, der Niederlande, Italiens, Finnlands, Spaniens, Portugals, Belgiens, Österreichs, Ungarn und der aus dem ehemaligen Jugoslawien hervorgegangenen Länder zusammenarbeiten. Die Arbeitsfelder liegen in Afrika und Südamerika; in Kamerun sind die deutschen Baptisten seit 1891 partnerschaftlich mit den dortigen Baptisten tätig.
Oncken war der einzige nicht-landeskirchliche Vertreter aus Deutschland, der an der Gründung der Evangelischen Allianz in London 1846 teilnahm, an den Aktivitäten der Allianz sind die deutschen Baptistengemeinden seither immer beteiligt gewesen. Während die meisten sich gegenüber den Zielen und Unternehmungen des World Council of Churches distanziert verhalten und der deutsche Bund dieser Organisation nicht angehört, ist der Bund von Anfang an Mitglied der deutschen „Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen“ (1948) und seiner regionalen Untergliederungen, pflegt auf diese Weise ökumenische Kontakte und nutzt dieses Instrument als Möglichkeit des gegenseitigen Voneinanderlernens, aber auch als Plattform, auftretende interkonfessionelle Konflikte im weiterhin landeskirchlich geprägten Deutschland anzusprechen und lösen zu helfen. Auch an der „Konferenz europäischer Kirchen“ ist der deutsche Bund beteiligt. Eine engere Zusammenarbeit besteht in der „Vereinigung Evangelischer Freikirchen“. Die Schulung und Betreuung der Gemeindechöre und Chorleiter geschieht im Rahmen des Christlichen Sängerbundes, eines freikirchlichen Chorverbandes, dem die meisten baptistischen Gemeindechöre angehören.
Mitgliedschaft und Mitarbeit in der Baptist World Alliance und der European Baptist Federation sind für die deutschen Baptisten seit langem bedeutsam gewesen; nicht von ungefähr war Gerhard Claas (1928–1988) von 1976 an Generalsekretär der EBF, danach von 1980 bis zu seinem frühen Tod 1988 der Baptist World Alliance. Von 1989 bis 1999 war Karl-Heinz Walter Generalsekretär der EBF, die in dieser Zeit ihre Geschäftsstelle in Hamburg hatte. Derzeit hat sie ihren Sitz in Sofia.
Der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland umfaßt in 13 regionalen „Vereinigungen“ 635 Gemeinden, die zusammen 88 000 Mitglieder haben. Obwohl im Durchschnitt jährlich über 2000 durch Taufe hinzukommen, stagniert die Mitgliederentwicklung insgesamt seit einigen Jahren. Von den zahlreichen aus Osteuropa zugewanderten deutschsprachigen Baptisten haben sich nur ein Teil dem deutschen Bund angeschlossen, da die kulturellen und spirituellen Unterschiede noch erheblich sind. Die rußlanddeutschen Gemeinden im Bund haben sich zu einer besonderen Arbeitsgemeinschaft der Evangeliumschristen-Baptisten zusammengeschlossen. An 143 Orten Deutschlands finden von den Baptisten veranstaltet fremdsprachige Gottesdienste statt, in 21 verschiedenen Sprachen, ein Spiegelbild der Herausforderung, in der sich die bundesrepublikanische Gesellschaft befindet.
Günter Balder