Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches hofften die deutschen Baptisten während der Weimarer Republik auf rechtliche Gleichstellung mit den anderen Konfessionen, die sie jedoch erst 1930 erhielten; sie mußten trotz neuer Möglichkeiten (Zeltmission!) faktisch vielfach weitere Diskriminierungen hinnehmen. Während des Dritten Reiches beseelte die Verantwortlichen vor allem der Wunsch, das Erreichte nicht zu gefährden und missionarisch aktiv bleiben zu können. Man übte sich als vom Kirchenkampf nicht direkt betroffene Freikirche im Wohlverhalten, nicht ohne einige – aus der Rückschau betrachtet fragwürdige – Kompromisse einzugehen. Aus Anlaß der Hundertjahrfeier der deutschen Gemeinden fand der Weltkongreß der Baptisten 1934 in Berlin statt, für die Baptisten Deutschlands als Minderheitskirche ein großartiges Erlebnis, vom NS-Staat aber schamlos als Beweis „der religiösen Duldsamkeit der deutschen Nation“ gegen die hart bedrängte Deutsche Evangelische Kirche ins Spiel gebracht. Fünfzig Jahre danach hat der deutsche Bund auf dem Kongreß der Europäischen Baptistischen Föderation 1984 in Hamburg in einem Wort zur NS-Zeit u.a. erklärt: „Wir haben uns nicht öffentlich mit dem Kampf und Leiden der Bekennenden Kirche verbunden und ebenso versäumt, eindeutig den Verletzungen göttlicher Gebote und Ordnungen zu widerstehen. Es beugt uns, daß wir als deutscher Bund der ideologischen Verführung jener Zeit oft erlegen sind und nicht größeren Mut zum Bekenntnis für Wahrheit und Gerechtigkeit bewiesen haben.“

Spätestens seit 1936 hatten alle Denominationen den generell antichristlichen Kurs der NS-Religionspolitik zu spüren bekommen. Unter dem Druck der Verhältnisse schloß sich der Bund der Baptistengemeinden, dem schon 1938 die pfingstlichen „Elim-Gemeinden“ beigetreten waren, 1942 mit einer verwandten, um ihre Existenz ringenden freikirchlichen Gruppierung zusammen, den heute sogenannten Brüdergemeinden (deutscher Zweig der Plymouth-Brethren). Der gemeinsame Bund erhielt den offiziellen, noch heute gültigen Namen Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden. Die nach dem 2. Weltkrieg im Bund verbliebenen Brüdergemeinden pflegen ihr spezielles geistliches und strukturelles Erbe in einer Arbeitsgemeinschaft innerhalb des Bundes, aber selbstverständlich auch mit den Gemeinden ihrer Tradition, die nicht dem Bund angehören, so wie für die Baptistengemeinden, aus denen der Bund mehrheitlich besteht, nie ihre engen Beziehungen zum Weltbaptismus fraglich waren.

Großzügig unterstützt durch Baptisten aus aller Welt, besonders aus Nordamerika und Skandinavien, erlebte die Gemeindearbeit im Westen Deutschlands nach 1945 einen guten Neuanfang; hierzu trugen nicht zuletzt die zahlreichen Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten, insbesondere aus Ostpreußen bei, die viele neue Gemeinden gründeten. Die Gemeinden östlich der Elbe hingegen fanden sich infolge der politischen Teilung Deutschlands erneut in einer Diktatur vor, der kommunistischen. Sie standen eine Generation lang unter erheblichem politisch-ideologischem Druck. Verglichen mit der Situation in anderen sog. sozialistischen Ländern konnten die Baptisten in der DDR die traditionelle Gemeindearbeit relativ ungestört pflegen, wenn sie auch vielfache Behinderungen in Kauf nehmen mußten, insbesondere auf dem Gebiet der Jugend- und Erziehungsarbeit, aber auch im Blick auf evangelistische und publizistische Aktivitäten, ganz zu schweigen von den eingeschränkten Möglichkeiten der Einrichtung von Gemeinderäumen oder häusern. Die völlig verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Lebensverhältnisse in Ost und West riefen, wie jetzt mehr und mehr zu erkennen ist, bei den Menschen sehr unterschiedliche Denkgewohnheiten und Verhaltensweisen hervor; trotzdem kann für die Baptisten im seit 1991 wiedervereinigten Bund gesagt werden, daß das gemeinsame Erbe und der gemeinsame Auftrag auf jeden Fall stärker sind und die große Aufgabe des Zusammenwachsens erleichtert. Die Kontakte waren im übrigen auch in der Zeit des „Kalten Krieges“ nie abgerissen, auch wenn es von 1969 bis 1991 im geteilten Deutschland zwei selbständige Bünde gab.

Seit spätestens 1960 haben sich auch die deutschen Baptisten neuen gesellschaftlichen und religiösen Entwicklungen stellen müssen, die durch Stichworte wie säkularisierte, neuerdings zunehmend multikulturelle Gesellschaft, kirchliche Indifferenz der Bevölkerung, theologischer Pluralismus in den Kirchen, neureligiöse Strömungen, allgemeiner Werteverfall zu kennzeichnen sind. Sie versuchen dem durch vermehrte Anstrengung in heimatmissionarischen Aktivitäten (Gemeindeneugründungsprogramme), neue Formen der Evangelisation, bessere biblische Schulung der Mitglieder (Gemeindebibelschule für Erwachsene), qualifizierte Ausbildung ihrer Pastoren und anderer Gemeindemitarbeiter sowie zahlreiche sozialdiakonische Unternehmungen zu begegnen.

Einzelne Gemeinden und mehrere Initiativgruppen engagieren sich in der Friedensfrage und entwickelten eine höhere Sensibilität für Fragen der Mitverantwortung für die politische und soziale Entwicklung im eigenen Land, der Zweidrittelwelt und im Blick auf die globale ökologische Herausforderung, die sich in manchen Aktionen und Programmen niederschlägt. Die Liebe zur Weltmission ist ungebrochen; große Anstrengungen werden auch zur Förderung der Gemeinden in Osteuropa unternommen.