„Ob wir leben oder wir sterben, wir gehören dem Herrn.“ (Römer 14,8)

Es ist immer gut, sich den Kontext von Bibelversen anzusehen. Denn manchmal kommt es ganz anders als man denkt; wie beim Monatsspruch für April.

„Nehmt die Schwachen im Glauben an, streitet nicht über Meinungen“ – so beginnt das vierzehnte Kapitel des Römerbriefes.
Wie bitte??? Unter den heutigen Christen gibt es unzählige merkwürdige Auffassungen und die sollen nicht hinterfragt werden dürfen? Wir wollen schließlich nach der Bibel leben. Da steht doch eindeutig drin, wie das Leben eines Christen auszusehen hat, oder?

Schauen wir mal, was Paulus weiter schreibt. Es scheint hier nicht um grundlegende Glaubensauffassungen zu gehen, sondern darum, wie ich den Glauben lebe. Wenn man so will, sind das Nebensächlichkeiten. Streitigkeiten über Nebensächlichkeiten werden gerne ausgetragen, rauben viel Kraft und: lenken vor allem vom Wesentlichen ab.

Das spricht Paulus an: Speisevorschriften, Feiertage und anderes. Manche Christen nehmen sie ernst, um sich nicht zu versündigen; andere sind überzeugt, dass sie durch Jesus von Regeln und Gesetzen frei geworden sind. Die „starken“ Gläubigen verachten nun aber die „Schwachen“. Unter den heutigen Christen diskutiert man in der Regel nicht über Essen, aber diese Fragen bewegen uns immer wieder:

  • Lobe ich Gott angemessen mit alten Chorälen oder mit aktueller Lobpreismusik (die manchmal ziemlich laut sein kann)?
  • Ist der Gottesdienst eine ernste Veranstaltung oder gehören fröhliches Lachen und Klatschen auch dazu?
  • Welche Partei soll ich als Christ wählen?
  • Wie erzähle ich anderen von Jesus: Lade ich viele Leute zu einer Evangelisation ein oder führe ich eine intensive Beziehung zu meinen Freunden, in der mein Glaube ein wesentliches Thema ist?

Woher kommen diese unterschiedlichen Auffassungen? Damals wie heute aus der (familiären) Prägung. Diese kann „offen“ oder „streng“ gewesen sein. Außerdem hat Gott jeden Menschen mit einem eigenen Charakter geschaffen.

So könnte man Paulus‘ Worte auch auslegen: Die „Schwachen“ sind Christen, die bestimmte bewährte Formen brauchen. Die „Starken“ denken eher unkonventionell. Trotz dieser Gegensätze zieht Paulus eine ungewöhnliche Schlussfolgerung: Jeder soll von seinem Glaubensstil überzeugt sein und sich nicht verunsichern lassen! Denn wie unterschiedlich die Christen ihren Glauben auch gestalten; weil sie Gott liebhaben, tun sie es so. Jesus nimmt den ersten Platz in ihrem Leben ein. Das gilt erst recht, wenn sie sterben.

Also: Wegen Nebensächlichkeiten kann ich einem anderen nicht den Glauben absprechen oder ihn auf eine bestimmte Entwicklungsstufe des Glaubens stellen; ihn verachten oder gar verurteilen. Das steht mir nicht zu! Was richtig oder falsch ist, kann letzten Endes nur Gott entscheiden.

Paulus erinnert am Ende des 14. Kapitels daran, dass es auch Grenzen gibt. Wenn ich durch mein Verhalten den Anderen verunsichere und ihn zwinge Dinge zu tun, die er mit seinem Glauben nicht vereinbaren kann, muss ich mich zurücknehmen. Andernfalls verführe ich den anderen zur Sünde. Denn der oberste Grundsatz im Miteinander in der Gemeinde ist die Liebe. Die Liebe, die Jesus für uns hat und mit der wir unsere Mitmenschen lieben sollen.

Wir wünschen es, dass wir als Gemeinde so miteinander umgehen können!Anne und Sebastian Hawranke